Zurück zur StartseiteBlockbuster-Saison 2004

In den USA ist der Sommer traditionellerweise die Hochsaison der Kinos. Da sich die Amerikaner zu dieser Zeit am liebsten dort aufhalten, wo es konstante 20°C hat und dunkel ist, gibt es kaum eine bessere Möglichkeit als die Kinosäle der Multiplex-Kinos. Und damit die Leute dort möglichst viel Geld lassen, fahren die großen Studios schweres Geschütz auf: Unter 100 Millionen Dollar (am besten aber 200) kostete in der Produktion kaum einer der Sommer-"Blockbuster". Dazu kommen noch einmal Marketingsaufwendungen zwischen 30 und 50 Millionen Dollar. Daß sich diese Filme trotz ihrer hohen Kosten, steigenden Eintrittspreisen und reger Aktivität der Internet-Raubkopierer dennoch rentieren, kann man kaum glauben. Doch die weltweiten, groß angelegten Marketingkampagnen, deren Arsenal man sich praktisch nicht entziehen kann, übertönen in der Regel schlechte Kritiken und jegliche Konkurrenz durch kleinere Filme.
Man kann davon ausgehen, daß ca. 50% des Einspielergebnisses in die Kasse der Verleiher fließen, die im Falle der teuren Sommer-Filme in der Regel auch die Studios sind, die den Film produziert haben. Besonders wichtig ist ein hohes Einspielergebnis am Startwochenende. Da sich durch Mundpropaganda (vor allem im Internet) schnell herumspricht, ob ein Film etwas taugt, brechen qualitativ weniger hochwertige Filme in der zweiten Spielwoche bis zu 70% ein. Außerdem scheint sich die Regel durchzusetzen, daß kein "Blockbuster" so alt ist wie der von letzter Woche. Anders geht es auch kaum noch, kommt von Mai bis Juli doch praktisch jede Woche einer der Großproduktionen in die amerikanischen Kinos. Während das Einspielergebnis in den USA meistens nur noch zur Promotion des Films im Rest der Welt herhalten muß, sind die Einnahmen außerhalb der USA sowie natürlich die DVD-Auswertung eminent wichtig für die Studios. Wenn es zunächst nicht so gut läuft, kann ihr Film dadurch noch in die Gewinnzone kommen.

In den nachfolgenden Tabellen findet Ihr einige Informationen über die Rentabilität und Qualität der Sommer-"Blockbuster" des Jahres 2004. Die Einspielergebnisse werden sich in den folgenden Monaten durchaus noch bewegen, da einige Filme in anderen Teilen der Welt erst im Herbst/Winter ins Kino gebracht werden, wenn die Marktlage dort günstiger ist. Die IMDb-Wertung wird von Usern der Internet Movie Database aus aller Welt abgegeben, die Rotten-Tomatoes-Wertung ist ein Kritikerspiegel für die US-Medien. Die Prozentzahl markiert den Anteil positiver Kritiken, die der Film erhalten hat. Alle Filme unter 60% bekommen das Zertifikat "rotten", alle anderen sind "fresh". Blau markiert sind die jeweiligen Höchstleistungen in der Kategorie. Nach der Tabelle geht es mit Kommentaren zu den einzelnen Filmen weiter.

Titel (Studio) Van Helsing
(Universal)
Troja
(Warner Bros.)
Shrek 2
(Dreamworks)
The Day After Tomorrow
(20th Century Fox)
Harry Potter III
(Warner Bros.)
The Chronicles of Riddick
(Universal)
US-Start (D-Start)
07.05. (06.05.)
14.05. (13.05.)
19.05. (01.07.)
28.05. (27.05.)
04.06. (03.06.)
11.06. (12.08.)
Budget (davon Marketingkosten), in Mio. US-$
210 (50)
225 (50)
120 (50)
175 (50)
180 (50)
140 (35)
Einspielergebnis am Startwochenende in den USA (in Mio. US-$)
51,7
46,9
108,0
68,7
93,7
24,3
Weltweites ESE insgesamt bisher (in Mio. US-$)
300,2
497,4
917,4
542,5
789,8
115,4
Kritiken
IMDb-Wertung
5,3
7,0
7,7
6,2
7,7
6,1
Rotten Tomatoes Wertung
24% (rotten)
56% (rotten)
91% (fresh)
46% (rotten)
88% (fresh)
30% (rotten)
Moovienet Wertung

Titel (Studio) The Stepford Wives
(Paramount)
In 80 Tagen um die Welt
(Disney)
Spider-Man 2
(Sony)
King Arthur
(Disney)
I, Robot
(Fox)
Catwoman
(Warner Bros.)
US-Start (D-Start) 11.06. (15.07.)
18.06. (23.12.)
30.06. (08.07.)
07.07. (19.08.)
16.07. (05.08.)
23.07. (19.08.)
Budget (davon Marketingkosten), in Mio. US-$
125 (35)
140 (30)
250 (50)
160 (40)
165 (45)
135 (35)
Einspielergebnis am Startwochenende in den USA (in Mio. US-$)
21,4
6,8
88,2
15,2
52,2
16,7
Weltweites ESE insgesamt bisher (in Mio. US-$)
100,0
61,4
784,0
203,4
347,2
82,1
Kritiken
IMDb-Wertung
5,3
5,6
7,9
6,0
6,9
3,4
Rotten Tomatoes Wertung
27% (rotten)
33% (rotten)
93% (fresh)
32% (rotten)
63% (fresh)
10% (rotten)
Moovienet Wertung

Stand: 20.01.2005, Quellen: www.boxofficemojo.com, www.imdb.com, www.rottentomatoes.com

Sommeranfang ist in den Kalendern der Studios neuerdings bereits Anfang Mai. Universal startete "Van Helsing", den künstlerisch am wenigsten anspruchsvollen Film des ganzen Kinosommers. Denn "Van Helsing" war von Anfang an als sogenanntes Franchise angelegt. Das heißt, es sollte von zahlreichen Fortsetzungen über Fernsehserien, Videospielen, Actionfiguren und 1.000 anderen Merchandising-Artikeln alles geben, womit man heutzutage rund um einen Film Geld machen kann. Den Kritikern wurde der Film bis zum Start vorenthalten, was stets darauf hindeutet, das den Produzenten bereits aufgefallen ist, daß ihr Film nicht unbedingt hochwertig geraten ist. Dank des flächendeckenden Marketings erreicht "Van Helsing" am Startwochenende ein gutes Ergebnis, das allerdings bereits gut 43% seines gesamten US-Ergebnisses darstellte. In der zweiten Woche ging es nämlich bereits 60% bergab. Der 160 Millionen Dollar teure Film spielte in den USA magere 120 Millionen Dollar ein. Von einer Fortsetzung wird man hoffentlich absehen, auch wenn der Film vielleicht nach der DVD-Auswertung noch in die Gewinnzone kommen könnte.

"Troja", das Historien-Drama des deutschen Regisseurs Wolfgang Petersen, erreicht in den USA kaum ein besseres Ergebnis als "Van Helsing". Das lag allerdings zum größten Teil daran, daß er der einzige der Sommer-"Blockbuster" ist, der in den USA ein "R"-Rating in Kauf nahm. Das bedeutet, daß keiner unter 17 ohne Begleitung eines Erziehungsberechtigten den Film sehen kann. Alle anderen Filme sind "PG-13" oder noch niedriger eingestuft, was stets einen Einnahmenzuwachs darstellt. Dafür war man im Rest der Welt nicht so zimperlich und der Film wurde in Deutschland um einige gewalttätige Szenen gekürzt, um ein "FSK 12" zu bekommen. Das zahlte sich aus: Über 70% seiner Einnahmen erzielte "Troja" außerhalb der USA und kam insgesamt noch auf ein Ergebnis von 490 Millionen Dollar und hat somit seine immensen Kosten bereits eingespielt. Deutschland trug mit 33,9 Millionen Dollar neben Japan den größten Teil dazu bei.

Auch nicht leicht für "Troja" machte es die Tatsache, daß nur fünf Tage später bereits die Fortsetzung "Shrek 2" anlief, die Steven Spielbergs Studio Dreamworks ins Sommerrennen schickte. Der Film schlug in den USA gut ein: Über 100 Millionen am ersten (5-Tage-)Wochenende, euphorische Kritiken, begeisterte Kinogänger. Entsprechend ging es in der zweiten Woche nur 33% runter und "Shrek 2" hatte für diesen Sommer nicht nur die niedrigsten Kosten, sondern auch das beste weltweite Einspiel aller "Blockbuster". Somit führt der liebenswerte Grünling jetzt die Liste der erfolgreichsten Trickfilme aller Zeiten an, außerdem ist er auf Platz 3, nur noch "Krieg der Sterne" und "Titanic" vor ihm, auf der "All time Highest Boxoffice"-Liste.

Ein zweiter deutscher Regisseur versuchte sich dieses Jahr auch im harten Sommergeschäft, und auch für Roland Emmerichs "The Day After Tomorrow" lief es trotz seiner durchaus politischen Aussage und verhaltener Kritiken ganz gut. Er schaffte es wegen "Shrek 2"'s fantastischer zweiten Woche nie auf die Nummer 1 der Kinocharts in den USA, ist aber dafür jetzt auf Platz 2 (hinter "My Big Fat Greek Wedding") der erfolgreichsten Filme, die es nie auf Platz 1 schafften. Amerikaner lieben Statistiken noch mehr als ich…

Eine Woche später startete der dritte "Harry Potter"-Film "Der Gefangene von Askaban". Dieser wurde nicht mehr von Chris Columbus, sondern von dem Mexikaner Alfonso Cuarón ("Y tu mamá también") inszeniert und erhielt bessere Kritiken als die Vorgänger, allerdings soll er auch um einiges gruseliger sein. Daher gab es in Deutschland ein "FSK 12", was aber dank der neuen Regelung, daß Kinder ab 6 in Begleitung eines Erziehungsberechtigten den Film trotzdem sehen können, eher zu Mehreinnahmen führte. Zwei Drittel der Einnahmen wurden außerhalb der USA erzielt, über 44 Millionen Dollar alleine in Deutschland. Im Moment sieht es trotzdem so aus, als würde der dritte Teil hinter den beiden Vorgängern zurückbleiben (976,5 bzw. 876,7 Millionen Dollar weltweites Einspiel).

"The Chronicles of Riddick" war der erste Flop des Kinosommers 2004. Im Jahr 2000 überraschte Regisseur David Twohy mit dem Science-Fiction-/Horror-Film "Pitch Black", der 23 Millionen Dollar kostete, jedoch weltweit über 53 Millionen einspielen konnte und für Vin Diesel den Durchbruch bedeutete. Warum man nun eine über 100 Millionen Dollar teure Fortsetzung von diesem kleinen, aber feinen Genre-Stück drehen mußte, bleibt mir unergründlich. Allerdings läuft der Film im August und September noch in sehr vielen Ländern (darunter auch Deutschland) an und wird sein Ergebnis noch ein wenig nach oben korrigieren können. Es wird allerdings noch einige Zeit dauern, bis Universal mit dem Film (durch Verkauf von DVDs und TV-Rechten) in die Gewinnzone kommt.

Eines der ältesten und traditionsreichsten Hollywood-Studios, Paramount, entwickelt in letzter Zeit aufgrund der wenig risikofreudigen Firmenpolitik vorrangig Remakes alter Paramount-Hits. Daß auch diese keine sichere Bank sind, mußte das Studio bei "Die Frauen von Stepford" schmerzlich erfahren. 90 Millionen Dollar kostete der Film, dem man diese immensen Kosten zudem kaum ansieht. Regisseur Frank Oz ("Der kleine Horrorladen", "In & Out") heimste zudem fast nur miese Kritiken ein und muß den Film wohl zu den Mißerfolgen seiner Karriere zählen. Auch im Ausland erzielte der Film nur mäßige Ergebnisse und es wird auch in Zukunft nicht mehr viel hinzukommen, da kaum mehr Starts ausstehen. Bisher trug der amerikanische Markt fast 70% zum Einspielergebnis bei, was darauf hindeutet, daß der Film für ein internationales Publikum wenig interessant ist.

Nachdem Disney 2003 vor allem dank "Findet Nemo" und "Fluch der Karibik" ein Rekordjahr hinlegte, geht es 2004 steil bergab. Ein Flop folgt dem nächsten. Ins Sommer-Rennen schickte der Konzern um die Zeichentrick-Maus dieses Jahr "King Arthur" und "In 80 Tagen um die Welt". Vor allem letzterer legte eine waschechte Bauchlandung hin. Produktionskosten von 110 Millionen Dollar stehen bisher ein weltweiter Umsatz von knapp 40 Millionen gegenüber. Im Herbst/Winter startet der Film noch in einigen Ländern, aber bis dahin wird die Mundpropaganda dafür sorgen, daß sich der Erfolg auch dort in Grenzen hält. Traurig ist das vor allem, weil der Film größtenteils in Deutschland gedreht wurde und mit Sicherheit auch einiges an "stupid german money", wenn nicht sogar Fördermittel des Staates, darinstecken.

Der neben "Harry Potter" sicherste Erfolg für diesen Sommer war Sam Raimis Fortsetzung der Comic-Verfilmung "Spider-Man". Der erste Teil brach schon etliche Rekorde was die Umsätze angeht, und auch der zweite entwickelte sich ganz zur Zufriedenheit von Sony, dem produzierenden Studio. Unter anderem hält "Spider-Man 2" nun den Rekord für das höchste Einspielergebnis an einem Starttag und kein Film durchbrach in den USA bisher schneller die 200-Millionen-Grenze. Allerdings war dieser immense Erfolg auch sehr wichtig, denn der Film kostete 200 Millionen Dollar und wurde von einer aufwendigen (in den USA alleine noch einmal 50 Millionen Dollar teuren) Marketing-Kampagne begleitet. Allerdings verpulverte Regisseur Sam Raimi das Geld anscheinend nicht völlig kopflos, denn "Spider-Man 2" heimste von allen Sommerfilmen die besten Kritiken und die beste Resonanz des Publikums ein.

Mit "King Arthur" wollte Produzent Jerry Bruckheimer an seinen Erfolg mit "Fluch der Karibik" im letzten Jahr anknüpfen. Offensichtlich gelang Regisseur Antoine Fuqua ("Traning Day") aber keine adäquate Umsetzung des Stoffes, und die verhaltenen Kritiken sorgten dafür, daß der Film vor allem in den USA weit hinter den Erwartungen zurückblieb. Im Ausland läuft es jedoch um einiges besser für Arthur, Guinevere & Co.: Obwohl der Film in vielen wichtigen Märkten erst noch startet, kamen bereits mehr als die Hälfte der Einnahmen von außerhalb der USA. Auch bei diesem Film wird es sich bei DVD- und TV-Auswertung noch zeigen, ob er sich letzendlich gelohnt hat. Tendenziell sieht es trotz des mißglückten US-Starts jedoch ganz gut dafür aus.

Um einiges besser erging es keine zehn Tage später dem Kandidaten des Fox-Studios um das Rennen des größten Sommer-Blockbusters, "I, Robot". Nach einer Geschichte von Isaac Asimov, inszeniert von Alex Proyas ("The Crow", "Dark City") und mit Will Smith in der Hauptrolle. So ganz will letzterer Name da nicht so ganz hineinpassen, doch das stört die Kinogänger in aller Welt wenig. Innerhalb eines Monats erzielte die Geschichte von der Revolution der Maschinen über 200 Millionen Dollar. Dabei ist der Film in großen Märkten wie Italien und Japan noch gar nicht gestartet. "I, Robot" kann wohl zu den Hits dieses Sommers gezählt werden. Trotz Will Smith.

Nicht ganz so hitverdächtig läuft es für "Catwoman". Der französische Regisseur Pitof ("Vidocq") muß sich mit den schlechtesten Kritiken des ganzen Sommers sowie einem Platz unter den 100 miesesten Filmen aller Zeiten in der Internet Movie Database abfinden. Ob der Film tatsächlich auch ein finanzieller Totalausfall ist, läßt sich noch schwer abschätzen, da noch kaum Zahlen aus dem Ausland vorhanden sind und der Film vielerorts erst noch startet.