Boys don't cry (1999)
INHALT
Die wahre Geschichte der Teena Brandon (Hilary Swank), die als Junge verkleidet
in eine Kleinstadt in Nebraska kommt und sich als Brandon Teena ausgibt. Sie findet
schnell Freunde und macht alles, was ein "echter" Junge tun würde: Saufen, Rauchen,
Pick-Up-Surfen. Außerdem verliebt sie sich in Lana (Chloe Sevigny), die ihre Gefühle
erwidert, jedoch nicht weiß, daß Teena nicht nur wegen schwerem Autodiebstahl
gesucht wird, sondern eben in Wirklichkeit Brandon ist. Als die Geschichte langsam
zu Tage tritt, schlägt die gute Stimmung plötzlich in Aggressivität und Gewalt
um...
KRITIK/INFO Der Film legt einen recht lockeren Start
hin, der zwar klarmacht, daß es sich hier nicht etwa um eine Verwechslungskomödie
oder Ähnliches handelt, aber eine durchaus positive Atmosphäre verbreitet. Regisseurin
Kimberly Peirce bringt dem Zuschauer die Figuren in kurzer Zeit sehr nahe, sie
läßt den Schauspielern sehr viel Freiraum, den diese auch zu nutzen wissen. Hilary
Swank bekam dafür einen Oscar, Chloe Sevigny war ebenfalls nominiert. Die Charaktere
werden komplex, aber letzendlich überschaubar und sympathisch gezeichnet. Das
Drehbuch legt sehr viel Wert auf Details, auch wenn das mitunter zu Ungunsten
der Handlung geht. Irgendwann fangen die Dinge an, sich zu wiederholen. Doch dieses
kleine Tief ist bald überwunden und die Inszenierung bekommt wieder mehr Schwung.
Autor und Regisseur sollte man dafür danken, keine handelnde Person auf irgendein
Klischee zu reduzieren. Selbst der, der am Ende "der Böse" sein wird, ist bis
zu einem gewissen Punkt Sympathieträger. Abgenutzte Stereotypen findet man bei
"Boys don't cry" sicher nicht - genausowenig wie eine Ästhetisierung, Verharmlosung
oder gar Beschönigung der wahren Geschichte, auf der der Film beruht. Die Tatsache,
daß das alles wirklich geschehen ist, sorgt nach dem drastischen Schluß für ein
beklemmendes Gefühl in der Magengegend. Generell wird in "Boys don't cry" Gewalt
sehr direkt und auf verstörende Art und Weise dargestellt - vor allem die Vergewaltigung
Teenas kann durchaus auf's Gemüt schlagen. Aber vielleicht ist auch das ein Bestandteil,
der nötig war, um "Boys don't cry" zu einem wichtigen Film zu machen. Er zeigt
auf und prangert an, wie die Gesellschaft mit psychischen Leiden umgeht - oder
viel mehr, daß sie nicht weiß, wie sie damit umgehen soll. Niemand wie Teena Brandon
kann auf den Begriff "Lesbe" und das, was der Volksmund darunter versteht, reduziert
werden, denn so einfach ist es eben im wahren Leben nicht. Jemand, der diesen
Film gesehen hat, wird das unter Umständen besser verstehen können, und darin
liegt der wichtige Beitrag, den er leistet.