American Psycho (2000)
INHALT
Patrick Bateman (Christian Bale) ist ein New Yorker Wall-Street-Yuppie erster
Güte. Körperpflege betreibt er auf wissenschaftlichem Niveau, seine Kleidung ist
erlesen, und mit seinen Freunden steht er im ständigen Wettstreit um die edelste
Visitenkarte und eine Reservierung im angesagtesten Restaurant. So angepaßt er
tagsüber erscheint, so unorthodox ist sein Nachtleben: Da metzelt er am liebsten
wahllos Prostituierte und Obdachlose ab, um seine Gier nach Brutalität zu stillen.
KRITIK/INFO Mary Harron hat sich keine wirklich einfache
Aufgabe ausgesucht, ausgerechnet den wegen seiner sadistischen Gewalt-Exzesse
umstrittenen Roman "American Psycho" von Bret Easton Ellis auf die Leinwand zu
bringen - und das auch noch in Hollywood, mit Beteiligung von Warner Bros.! Letzendlich
hat sie es doch geschafft und verstört uns arme unschuldige Kinobesucher nun mit
diesem zwiespältigen Film, der Gewalt nur selten wirklich zeigt, sondern sie unterschwellig
transportiert und damit fast allgegenwärtig macht.
Für die Rolle des Patrick Bateman war ursprünglich Leonardo DiCaprio im Gespräch
gewesen, aber glücklicherweise hat dieser gekniffen und Christian Bale bekam den
Part. Er spielt den Börsen-Yuppie in seiner eiskalten Unnatürlichkeit konsequent
genug, um die Oberfächlichkeit seines Umfelds zu entlarven. Keiner bemerkt die
unterdrückte Gewalttätigkeit, und selbst wenn sie einmal herausbricht, wird sie
generell mißverstanden. Die anderen Figuren sind durchweg hochkarätig besetzt.
Willem Dafoe als undurchschaubarer (oder einfach nur naiver?) Privatdetektiv,
Reese Witherspoon als Batemans ungeliebte Verlobte und vor allem Chloe Sevigny
als seine Privatsekretärin spielen ihre Rollen sehr überzeugend.
Visuell überzeugt "American Psycho" auf ganzer Linie. Allein die Titelsequenz
zeugt von großer Originalität und läßt den Zuschauer im Unklaren, ob er nun grinsen
oder erschaudern soll. Kameramann Andrzej Sekula verleiht dem Film eine sterile
Hochglanzoptik, die die emotionale Leere der 80er-Jahre-Neureichen widerspiegelt.
Interessant ist auch der Einsatz von Musik in "American Psycho". Während der Score
von John Cale eher in den Hintergrund rückt, werden die Pop-Hits der damaligen
Zeit auf extreme Weise ironisierend eingesetzt. Wenn Bateman über seinen erfolgreicheren
Kollegen mit der blankpolierten Axt herfällt und dabei erklärt, was er an Huey
Lewis & The News' "It's hip to be a square" (in etwa: Es ist angesagt, ein Arschloch
zu sein) so toll findet, kann einem schon mal die Kinnlade herunterklappen.
Zum Rundumschlag holt die Geschichte jedesmal dann aus, wenn bestimmte Wendungen
nur dadurch ermöglicht werden, daß sich die Mitarbeiter des Makler-Konzerns ständig
gegenseitig verwechseln. Hier wird die Aussage des Films überdeutlich, es geht
jedoch auch einiges an Hintersinnigkeit verloren. Stoff für Diskussionen liefert
der Film nämlich allemal und wenn der Zuschauer nicht mehr zwischen brutaler Realität
und noch brutalerer Gewalt-Fantasie der Hauptfigur unterscheiden kann, wird die
Sache auch zunehmend verwirrend. Aber der schwarze Humor und die Ironie mancher
Vorfälle wird etwas zu deutlich hervorgehoben, psychologische Aspekte werden vernachlässigt.
"American Psycho" ist ein formal und darstellerisch überzeugender Film, der jedoch
selbst ein wenig an der Oberflächlichkeit, die er anprangern will, krankt, da
er die Psychologie seiner Hauptfigur zu unkonkret bleiben läßt und auch oft einfach
nur Klischees reproduziert.