The
Fog of War
The Fog of War: Eleven Lessons from
the Life of Robert S. McNamara (2003)
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INHALT
Der ehemalige
US-amerikanische Verteidigungsminister Robert McNamara, der während des
Vietnam-Krieges im Amt war, erzählt im Interview von seiner Amtszeit unter
John F. Kennedy und Lyndon B. Johnson.
KRITIK/INFO
Errol Morris wollte ursprünglich
ein einstündiges Interview mit McNamara für eine Fernsehsendung führen.
Letztenendes dauerte das Interview mehrere Tage und Morris hatte genug Material
für einen abendfüllenden Dokumentarfilm. Zu den Interviewszenen sammelte
er Archivmaterial und stieß dabei auf Tonbandaufzeichnungen von Gesprächen
zwischen McNamara und den Präsidenten, unter denen er im Amt war. Für
„The Fog of War“ erhielt er 2004 den Oscar für den besten Dokumentarfilm.
Bei seinen Interviews benutzt Morris eine Technik, die sein eigenes Bild (ähnlich
einem Teleprompter) auf die Kamera projiziert. So schaut der Interviewpartner
stets direkt in Richtung des Zuschauers und nicht daneben. Der Effekt ist erstaunlich,
denn die Aufmerksamkeit wird durch den Blickkontakt deutlich mehr auf die Worte
des Gegenüber gelenkt. Aber was McNamara zu erzählen hat ist ohnehin
alles andere als langweilig, sondern vielmehr spannend und kontrovers.
Der Film rekapituliert nicht nur McNamaras Ansichten und Anekdoten zum Zweiten
Welt- und dem Vietnamkrieg, sondern auch das Bild, das die Öffentlichkeit
von ihm hatte. Diese aus Archiv-Material kunstvoll arrangierten Sequenzen werden
von Philip Glass’ großartigem Soundtrack untermalt, der zusätzliche
Spannung erzeugt und jedem Actionthriller gut zu Gesicht stehen würde.
Diese Sequenzen sind auch auf die ein oder andere Art suggestiv zu verstehen,
aber weit entfernt von Michael Moores neuerdings recht flachem Populismus.
Manche Kritiker behaupten, dem Film fehle ein aktueller politischer Bezug. Doch
dem ist nicht so. Nur weil Morris McNamara nicht direkt auf den Irak-Krieg anspricht,
heißt das noch lange nicht, daß sich nicht Kommentare zur heutigen
Situation finden lassen. McNamara sagt, die Menschen müßten sich
mehr Gedanken über das Töten anderer Menschen machen. Er spricht von
einem nicht eintretenden Lerneffekt, der nach dem Vietnam-Debakel und dem Schrecken
des Kaltes Krieges hätte da sein müssen. Natürlich kommen im
Film weder George W. Bush oder John Kerry noch Republikaner oder Demokraten
vor, aber Gedanken kann man sich dennoch auch mit Blick auf die aktuellen Kriegsschauplätze
machen.
Mit „The Fog of War“ ist Errol Morris ein nachdenklich stimmender
Film gelungen, der zugleich fesselt und mit seinen kunstvollen Montagen und
dem emotionalen Soundtrack überzeugt. Wie schön könnte die Welt
sein, wenn Politiker ihre Lehren aus dem ziehen würden, was McNamara zu
sagen hat.