Das
Geisterhaus (1993)
INHALT
Der Film erzählt die Geschichte von Esteban Trueba (Jeremy Irons), dem
es in Chile zur Mitte des 20. Jahrhunderts gelingt, zu Wohlstand zu gelangen.
Auf seinem Hof behandelt er die Arbeiter wie Sklaven, während er die Freundschaft
zwischen seiner Schwester Férula (Glenn Close) und seiner Frau Clara
(Meryl Streep) mit Skepsis sieht. Später geht er in die Politik und schlägt
sich auf die Seite der konservativen Partei, was ihn in Konflikt mit seiner
Tochter Blanca (Winona Ryder) bringt, die den Arbeiterführer Pedro (Antonio
Banderas) liebt.
KRITIK/INFO
1982 erschien der autobiographisch
gefärbte Roman der Schriftstellerin Isabel Allende, in dem sie ihr Schicksal
als Nichte des ermordeten chilenischen Präsidenten Salvador Allende verarbeitet.
Etwa zehn Jahre später packte der deutsche Filmproduzent Bernd Eichinger
die Verfilmung als europäische Co-Produktion an. Dabei konnte er eine Reihe
beeindruckender Namen auf der Besetzungsliste versammeln. Daß diese Darsteller
so rein gar nicht in ihre Rollen hineinpassen wollen, störte ihn offensichtlich
nicht im Geringsten. Jeremy Irons beispielsweise liefert zweifelsohne eine packende
Vorstellung als ehrgeiziger und skrupelloser Großgrundbesitzer und spielt
den jungen Esteban genauso überzeugend wie den alten und desillusionierten
Señor Trueba. Doch wer nimmt Irons schon einen Lateinamerikaner ab? Oder
Glenn Close und Meryl Streep als die beiden Frauen in seinem Haus: Beide zeigen
überhaupt nichts von dem Lokalkolorit und dem Temperament der Menschen
in dieser Region, wie es im Buch durchaus beschrieben wird. Und es wurden noch
einige andere Inhalte des Buches der filmischen Ökonomie oder der Massenkompatibilität
geopfert: Die beiden Brüder Blancas, Jaime und Nicolas, gibt es im Film
gar nicht. Zudem werden die politischen Zusammenhänge im Film wesentlich
weniger konkret dargestellt, vielmehr handelt es sich um einen leicht verdaulichen
politischen Brei, der ganz klar Gut und Böse definiert und alle Motivationen
außen vor läßt.
Bille August Stammkameramann Jörgen Persson fängt die Landschaft (es
wurde in Portugal gedreht) wirklich sehr schön ein, doch leider dudelt
dazu ständig Hans Zimmers kitschbeladenen Filmmusik, die sich unter die
pathetischen und klischeebehafteten Dialoge legt. Hinzu kommt ein Off-Kommentar
von Blanca Trueba, der die Frage aufwirft, ob ihre Erklärungen zum Verständnis
des Film nötig gewesen wären, wenn die Macher in der Lage gewesen
wären, die Dimensionen des Buches mit etwas raffinierteren filmischen Mitteln
einzubringen. Hinzu kommt, daß der Film hin und wieder einige Längen
entwickelt, die absolut vermeidbar gewesen wären, wenn man einige vollkommen
überflüssige Szenen weggelassen hätte, vor allem in dem Abschnitt
bevor Esteban Clara heiratet. Interessant sind jedoch die Analogien in Szenen
aus Estabans jungen Jahren und schließlich dem Alter.
In Sachen Ausstattung läßt sich "Das Geisterhaus" jedoch
nicht lumpen, hier wurde eine wirklich tolle Kulisse geschaffen, vor dem sich
die menschlichen Dramen abspielen. Ob die Inszenierung unter diesem Pomp vielleicht
zu leiden hatte, ist eine andere Frage.
"Das Geisterhaus" ist ein aufwendig inszeniertes und ausgestattetes
Epos, das sich jedoch zu oft in Klischees verliert und jegliches Gefühl
für Erzählstruktur vermissen läßt. Die Darsteller sind
größtenteils absolute Fehlbesetzungen, überzeugen jedoch auf
ihre Weise, da sie zumindest versuchen, aus den Stereotypen der ohnehin schon
schwachen Vorlage plastische Charaktere zu machen. Ein netter Versuch, mehr
nicht.
Spaß | Spannung | Action | Erotik | Niveau | Wertung |
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