25
Stunden
25th Hour (2002)
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INHALT
Von Drogenfahndern mit einigen Kilos Heroin erwischt, wandert Monty Brogan (Edward
Norton) nun für sieben Jahre ins Gefängnis. Nur noch 25 Stunden bleiben
ihm bis zu seinem Haftantritt, die er mit seiner Freundin Naturelle (Rosario
Dawson) und seinen Kumpels Frank (Barry Pepper) und Jacob (Philip Seymour Hoffman)
verbringen möchte.
KRITIK/INFO
"25 Stunden" gilt
bereits als bisher bester Film seines Regisseurs Spike Lee ("Malcolm X").
Dieser inszenierte in den letzten Jahren einige eher verhalten aufgenommene
Spielfilme sowie zahlreiche Dokumentationen und Kurzfilme. "25 Stunden"
ist wohl der erste abendfüllende Film, der das New York nach den Anschlägen
des 11. Septembers zeigt und einfühlsam portraitiert. Nach einer sympathischen
und witzigen Einführungssequenz zeigt Lee während des Vorspanns die
Lichtsäulen, die den Ground Zero markieren. Auch später zeigt er bei
einigen Gelegenheiten die abgesperrten Baustellen, die jetzt dort sind, wo einst
die beiden gigantischen Wolkenkratzer standen. Dies geschieht jedoch völlig
unaufdringlich. Lee beschwört keinen 11.-September-Pathos herauf, sondern
bindet die Anschläge so in seine Geschichte ein, wie sie das Leben eines
New Yorkers beeinflussen – nämlich eher nebensächlich, mit ganz
profanen Fragestellungen, wie zum Beispiel ob man seine Wohnung aufgeben sollte,
von deren Fenster man direkt auf den Ground Zero blicken kann. Die vier Hauptfiguren
sind unterdessen auch ein homogener Durchschnitt durch die New Yorker Bevölkerungsstruktur:
Ein ehrgeiziger Börsenmakler, ein etwas verklemmter Lehrer, eine hispanische
Einwandererin und ein Drogendealer. Für sie alle steht derzeit der Abschied
im Mittelpunkt, denn Monty wird für einige Zeit in den Knast wandern. Nicht
wissend, gegen wen er seine Wut richten soll, zieht er durch seine Heimatstadt
und nimmt Abschied von der Welt, wie er sie kennt. Die Werbezeile des Films
lautet "can you change your whole life in a day?". Monty macht den
Versuch, blickt jedoch auch auf sein früheres Leben zurück und wird
letzendlich am nächsten Morgen von ihm eingeholt, wenn der Haftantritt
auf der Tagesordnung steht.
Spike Lee inszeniert seinen Film abwechslungsreich mit ausgiebigen stimmungsvollen
und ruhigen Szenen, andere wiederum sind geschwätzig und alles andere als
humorlos, aber es gibt auch gewalttätige Szenen. Bilder und Musik spielen
einwandfrei zusammen, und die Darsteller, allen voran Edward Norton, liefern
allesamt überzeugende und eindringliche Performances. Vor allem in Edward
Nortons Szene vor dem Spiegel in der Kneipe seines Vaters läuft er als
Darsteller und Lee als Regisseur zur Höchstform auf. Eine sehr wirkungsvolle
und zur Interpretation einladende Szene entsteht, die mit Sicherheit Filmgeschichte
schreiben wird. Auch ein Seitenhieb auf den amtierenden Präsidenten der
USA, George W. Bush, und seinen Vize Cheney fehlt nicht.
Man kann dankbar dafür sein, daß Spike Lee der erste ist,
der den 11. September filmisch abarbeitet. Er tut dies ohne überflüssigen
Pathos oder Gefühlsduselei. Vielmehr rückt er das Thema an den Rand
seiner Geschichte, es bleibt jedoch stets präsent. "25 Stunden"
ist ein in allen Belangen perfekter Film, der endlich einmal wieder daran erinnert,
warum Kino eine der schönsten Erfindungen aller Zeiten ist.