Tränen
der Sonne
Tears of the sun (2003)
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DVD |
Buch |
INHALT
Lieutnant Waters' (Bruce Willis) Auftrag ist klar: Er soll die Ärztin Lena
Kendricks (Monica Bellucci) aus einer katholischen Mission in Nigeria herausholen
um sie vor den näherrückenden Rebellentruppen zu schützen. Doch
als diese sich weigert, die Verletzten und Schutzbedürftigen in der Mission
zurückzulassen, geraten Waters und seine Einheit bald mitten in die Bürgerkriegswirren.
KRITIK/INFO
Nachdem Regisseur Antoine
Fuqua mit "Replacement Killers" und "Bait" zweimal durchschnittliche
Action-Kost ablieferte, fiel er vor zwei Jahren mit dem äußerst stilsicher
inszenierten Cop-Film "Training Day" auf, für den Denzel Washington
einen Oscar erhielt. Mit "Tränen der Sonne" war ihm leider kein
großer finanzieller Erfolg beschieden, trotz Bruce Willis in der Hauptrolle.
Die Story läßt zudem in Verbindung mit der Werbezeile "Er wurde
trainiert um Befehlen zu folgen. Er wurde ein Held als er sie brach." Schlimmes
vermuten.
Schlimm ist jedoch nur, was im Film passiert, nicht der Film an sich. Ein zerrüttetes
afrikanisches Bürgerkriegsland, hier wurde exemplarisch Nigeria herausgegriffen,
steht vor dem endgültigen Kollaps. Rebellentruppen haben die Präsidentenfamilie
des Landes exekutiert und sind nun darauf aus, ihren kompletten Stamm auszurotten
und auch jeden Menschen, der anderer Gesinnung als sie selbst ist. Die Entscheidung
des Lieutenants ist unausweichlich. Die Karawane zieht von der Mission aus los,
um die Grenze zu Kamerun zu erreichen. Zurückgelassen werden müssen
alle, die zu schwach für den Marsch sind, und ihr Schicksal ist bereits
besiegelt. Auch für die anderen sieht es schlecht aus, als das Team die
amerikanische Ärztin in Sicherheit gebracht hat und die Hubschrauber sie
schutzlos ausgeliefert auf einer Wiese stehenlassen. Doch hier trifft der Lieutenant
eine folgenschwere Entscheidung: Er gibt den Befehl zum Umkehren. Der nun folgende
Höllentrip durch den nigerianischen Dschungel, verfolgt von einer Einheit
der Rebellen, zermürbt von Hitze und Feuchtigkeit, stellt auch den erfahrenen
amerikanischen Trupp vor Probleme. Als sie es dann nicht mehr verkraften, dem
unmenschlichen Treiben zuzusehen, befinden sie sich bereits mitten in den Kriegswirren.
"Tears of the sun" ist ein Film mit Aussage. Tatenlos zuzusehen ist
keine akzeptable Strategie. Wenn man die Möglichkeit zum Eingreifen hat
und unschuldige Menschenleben zu retten vermag, die andernfalls auf grausame
Weise geraubt würden, so sollte man nicht lange zögern. Interpretieren
kann man das so und so. Entweder als Rechtfertigung für die Einmischung
der Vereinigten Staaten in allen möglichen Regionen und Konflikten, oder
als Kritik an der Politik des Heraushaltens, die George W. Bush zu Beginn seiner
Amtszeit proklamierte und in Regionen ohne Ölvorkommen noch heute proklamiert.
"Tears of the sun" mag (wie üblich vor allem beim Finale) nicht
ganz ohne Pathos auskommen, aber fahnenschwingende Helden der Schlacht findet
man hier vergebens. Leider verfällt das Drehbuch im Verlauf des Films zunehmend
in bekannte Muster, aber immer wieder nimmt es sich Zeit für seine Figuren,
zeigt ihre Reaktionen und inneren Zwiespälte ob des brutalen Treibens.
Fuqua schafft hier einen Film, der auf einem schmalen Grat zwischen der Kriegsverherrlichung
in "Pearl Harbor" oder "Rules – Sekunden der Entscheidung"
und der Antikriegs-Philosophie eines "Apocalypse Now" oder "Platoon"
balanciert. Zum Glück kippt er im Gesamtbild betrachtet doch eher in Richtung
der letztgenannten.
Kommen wir endlich auf die "Formalitäten" zu sprechen: Antoine
Fuqua stellt seine Stilsicherheit einmal mehr eindrucksvoll unter Beweis. Was
wir hier sehen, ist kein Kriegsfilm aus der Retorte, sondern ein sorgfältig
inszenierter, zumeist im Halbdunkel des Dschungels oder im Volldunkel der Nacht
spielender, Bilderreigen, der einmal verstörend und blutig, dann wieder
leise und idyllisch daherkommt. Die Filmmusik besteht nicht nur aus dem angenehm
zurückgenommenen Score von Hans Zimmer, sondern auch traditionell afrikanischen
vermischt mit elektronischen Klängen. Kameramann Mauro Fiore läßt
den Film, wie auch schon "Training day", mit der leinwandfüllenden
aufgehenden Sonne beginnen. Ein immer wieder äußerst stimmungsvolles
und assoziatives Motiv. Am Ende werden alle inszenatorischen Mittel aufgeboten,
um Emotionalität zu schaffen, und es gelingt, dank der hervorragenden (Neben-)
Darsteller und der relativ ausgeprägten Figurenzeichnung.
"Tränen der Sonne" ist ein formal überaus gelungener
(Anti-?) Kriegsfilm, der bei der Erklärung des zugrundeliegenden Konflikts
ganz hollywood-like stark abstrahiert und in manchen Szenen auch patriotische
Tendenzen aufblitzen läßt. Die für einen Film dieser Art recht
sorgfältige Figurenzeichnung, die überzeugenden Darsteller und die
Ausgewogenheit zwischen nervenzerrend spannenden, gewalttätigen und ruhigen
Abschnitten heben ihn jedoch über den Durchschnitt heraus und machen ihn
äußerst sehenswert.